Arten von Datenräumen

Datenräume

Kapitel 5: Die verschiedenen Arten von Datenräumen

(TL). Datenräume sind nicht nur einfache Plattformen für den Datenaustausch, sondern hochspezialisierte Umgebungen, die je nach Branche und Anwendungsbereich unterschiedliche Strukturen und Funktionen aufweisen. Die Vielfalt der Datenräume ergibt sich aus den spezifischen Bedürfnissen der teilnehmenden Unternehmen und Organisationen sowie den verschiedenen Arten von Daten, die ausgetauscht werden. In diesem Kapitel werden die unterschiedlichen Typen von Datenräumen untersucht, wie sie sich entwickeln und welche branchenspezifischen Lösungen bereits existieren.

5.1 Branchenspezifische Datenräume

Ein Großteil der heute existierenden Datenräume ist auf spezifische Branchen und deren Anforderungen ausgerichtet. Diese branchenspezifischen Datenräume ermöglichen es Unternehmen, innerhalb ihrer Branche Daten auszutauschen, Prozesse zu optimieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Jede Branche hat dabei ihre eigenen Herausforderungen und Anwendungsfälle, die maßgeschneiderte Lösungen erfordern.

5.1.1 Der Mobility Data Space (MDS)

Ein herausragendes Beispiel für einen branchenspezifischen Datenraum ist der Mobility Data Space (MDS), der speziell für die Mobilitätsbranche entwickelt wurde. In diesem Datenraum können verschiedene Akteure aus dem Bereich Mobilität – wie Verkehrsunternehmen, Automobilhersteller, Städte und Mobilitätsdienstleister – relevante Daten austauschen, um innovative Mobilitätslösungen zu schaffen.

Der MDS bietet eine Vielzahl von Datenquellen, darunter Verkehrsflussdaten, Informationen zu Baustellen, Benzin- und Elektroladestationen, Car- und Bike-Sharing-Daten sowie Informationen über den Zustand von Straßen und Fahrzeugen. Durch den Zugang zu diesen Daten können Unternehmen neue Mobilitätsdienste entwickeln, Verkehrsstaus reduzieren und die Effizienz des öffentlichen Nahverkehrs steigern.

Besonders wertvoll ist der MDS auch für Städte und Kommunen, die durch den Zugang zu Echtzeit-Verkehrsdaten ihre Infrastrukturplanung verbessern und den öffentlichen Nahverkehr anpassen können. Automobilhersteller können ebenfalls von diesen Daten profitieren, indem sie Erkenntnisse über das Fahrverhalten ihrer Kunden gewinnen und ihre Fahrzeuge besser auf die Bedürfnisse der Nutzer zuschneiden.

5.1.2 Catena-X: Datenräume für die Automobilindustrie

Die Automobilindustrie ist ein weiterer Sektor, der stark von der Nutzung von Datenräumen profitiert. Der branchenweite Datenraum Catena-X wurde speziell für die Automobilbranche entwickelt und bringt Automobilhersteller, Zulieferer, Händler und andere Partner zusammen, um Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette auszutauschen.

Catena-X ermöglicht es den beteiligten Unternehmen, ihre Produktions- und Lieferprozesse zu optimieren, indem sie Informationen über die gesamte Lieferkette hinweg teilen. So können beispielsweise Fehler in der Produktion schneller identifiziert und behoben werden, da alle beteiligten Unternehmen Zugang zu denselben Daten haben. Darüber hinaus können Daten über den CO₂-Fußabdruck eines Produkts entlang der gesamten Lieferkette erfasst und analysiert werden, was in einer Zeit zunehmender Nachhaltigkeitsanforderungen von entscheidender Bedeutung ist.

Ein weiteres wichtiges Ziel von Catena-X ist die Unterstützung der Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) in der Automobilindustrie. Durch die Nachverfolgung von Bauteilen über ihre gesamte Lebensdauer hinweg können Unternehmen sicherstellen, dass diese recycelt oder wiederverwendet werden, um Ressourcen zu schonen und Abfall zu reduzieren.

5.1.3 Gaia-X: Eine europäische Plattform für branchenübergreifende Datenräume

Gaia-X ist ein ambitioniertes europäisches Projekt, das nicht nur einen einzelnen branchenspezifischen Datenraum schaffen möchte, sondern eine Plattform für branchenübergreifende Datenräume bietet. Das Ziel von Gaia-X ist es, eine vertrauenswürdige und sichere Dateninfrastruktur für Europa zu entwickeln, die es Unternehmen ermöglicht, Daten zwischen verschiedenen Branchen auszutauschen, ohne ihre Datensouveränität zu verlieren.

Gaia-X richtet sich insbesondere an kleine und mittelständische Unternehmen, die durch den Zugang zu neuen Datenquellen ihre Geschäftsmodelle erweitern und ihre Innovationskraft stärken können. Durch die Schaffung eines offenen und interoperablen Datenökosystems bietet Gaia-X eine flexible und skalierbare Infrastruktur, die Unternehmen in verschiedenen Sektoren nutzen können.

Die Plattform fördert Kooperationen zwischen Unternehmen unterschiedlicher Branchen, wie etwa der Energie- und Automobilindustrie, um gemeinsame datenbasierte Projekte zu entwickeln. Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit im Bereich der Elektromobilität, bei der Energieunternehmen und Automobilhersteller gemeinsam an der Entwicklung von Ladelösungen für Elektrofahrzeuge arbeiten.

5.2 Branchenübergreifende Datenräume

Neben den branchenspezifischen Datenräumen gibt es auch eine Vielzahl von Datenräumen, die branchenübergreifend genutzt werden können. Diese Datenräume bieten Unternehmen aus verschiedenen Sektoren die Möglichkeit, ihre Daten gemeinsam zu nutzen und von den Vorteilen einer datengetriebenen Wirtschaft zu profitieren.

5.2.1 Internationale Datenräume

Internationale Datenräume, wie die International Data Spaces (IDS), bieten eine neutrale Plattform für den sicheren Datenaustausch zwischen Unternehmen aus verschiedenen Ländern und Branchen. Die IDS-Initiative wurde entwickelt, um weltweit einheitliche Standards für den Datenaustausch zu schaffen, die den internationalen Handel und die Zusammenarbeit erleichtern.

Ein zentraler Bestandteil der International Data Spaces ist das Prinzip der Datensouveränität, das sicherstellt, dass Unternehmen die volle Kontrolle über ihre Daten behalten, auch wenn sie diese mit anderen teilen. Durch den Einsatz von Technologien wie dem Eclipse Data Space Connector können Unternehmen festlegen, wer auf ihre Daten zugreifen darf und zu welchen Bedingungen diese genutzt werden können.

Internationale Datenräume sind besonders wertvoll für global agierende Unternehmen, die Daten aus verschiedenen Ländern und Regionen sammeln und analysieren müssen. Sie bieten eine standardisierte und sichere Umgebung, die den internationalen Datenaustausch vereinfacht und gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen in den jeweiligen Ländern berücksichtigt.

5.2.2 Datenräume für die öffentliche Verwaltung

Ein weiteres Beispiel für branchenübergreifende Datenräume sind Plattformen, die für die öffentliche Verwaltung entwickelt wurden. Diese Datenräume ermöglichen es staatlichen Institutionen, Daten effizienter zu verwalten, zu teilen und für die Entscheidungsfindung zu nutzen.

Beispielsweise können kommunale Behörden Daten über Verkehr, Infrastruktur, Gesundheit und Umwelt in einem zentralen Datenraum bündeln und so eine bessere Grundlage für politische Entscheidungen schaffen. Ein solcher Datenraum kann auch den Austausch von Daten zwischen verschiedenen öffentlichen Institutionen erleichtern, um gemeinsame Herausforderungen wie die Bekämpfung des Klimawandels oder die Verbesserung der städtischen Mobilität anzugehen.

Datenräume für die öffentliche Verwaltung sind besonders wichtig, da sie die Effizienz und Transparenz von Regierungsprozessen erhöhen und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen staatlichen Institutionen und der Privatwirtschaft fördern können.

5.3 Erfolgsfaktoren von Datenräumen

Damit Datenräume erfolgreich funktionieren, müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Neben der technischen Infrastruktur und der Sicherheit spielen vor allem Governance-Strukturen, Standards und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit eine zentrale Rolle.

5.3.1 Governance und Datenhoheit

Die Governance eines Datenraums ist entscheidend für seinen Erfolg. Es müssen klare Regeln und Richtlinien festgelegt werden, die den Zugang zu den Daten und deren Nutzung regeln. Eine gute Governance-Struktur sorgt dafür, dass alle Teilnehmer die gleichen Spielregeln befolgen und dass die Interessen der Datenanbieter gewahrt werden.

Ein wichtiger Aspekt der Governance ist die Datenhoheit. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie die Kontrolle über ihre Daten behalten, auch wenn sie diese mit anderen teilen. Dies kann durch den Einsatz von Technologien wie Smart Contracts oder Datenlizenzen erreicht werden, die genau festlegen, wie die Daten verwendet werden dürfen.

5.3.2 Interoperabilität und offene Standards

Die Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen und Plattformen ist ein weiterer Erfolgsfaktor für Datenräume. Damit Datenräume effektiv genutzt werden können, müssen sie auf offenen Standards basieren, die den Datenaustausch zwischen verschiedenen Systemen und Organisationen ermöglichen. Offene Standards sorgen dafür, dass Daten in einem einheitlichen Format vorliegen und von allen Teilnehmern genutzt werden können, unabhängig davon, welche Technologien sie verwenden.

5.3.3 Vertrauen und Sicherheit

Ein weiterer zentraler Erfolgsfaktor ist das Vertrauen zwischen den Teilnehmern eines Datenraums. Unternehmen müssen sicher sein, dass ihre Daten in einem sicheren Umfeld geteilt werden und dass sie nicht missbraucht oder unbefugt weitergegeben werden. Hier spielen Technologien wie Verschlüsselung, Authentifizierung und Zugriffsmanagement eine wichtige Rolle, um den Schutz der Daten zu gewährleisten.

Datenräume müssen daher über robuste Sicherheitsvorkehrungen verfügen, die sicherstellen, dass nur autorisierte Benutzer auf die Daten zugreifen können und dass alle Daten während ihrer Übertragung und Speicherung geschützt sind.

5.4 Herausforderungen bei der Nutzung von Datenräumen

Trotz der vielen Vorteile von Datenräumen gibt es auch einige Herausforderungen, die Unternehmen bei der Nutzung solcher Plattformen bewältigen müssen. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, die Bereitschaft der Unternehmen zu fördern, ihre Daten zu teilen. Viele Unternehmen sehen ihre Daten als Wettbewerbsvorteil und zögern, diese mit anderen zu teilen, selbst wenn dies potenziell zu einem größeren Nutzen führen könnte.

Zudem müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie die notwendigen technischen und organisatorischen Voraussetzungen erfüllen, um an einem Datenraum teilzunehmen. Dies erfordert oft Investitionen in IT-Infrastrukturen, Sicherheitslösungen und Fachwissen.

Ein weiteres Problem ist die Fragmentierung von Datenräumen. Da viele Datenräume auf bestimmte Branchen oder Anwendungsfälle ausgerichtet sind, gibt es oft keine Interoperabilität zwischen verschiedenen Datenräumen. Dies kann den Austausch von Daten über Branchengrenzen hinweg erschweren und den Nutzen von Datenräumen einschränken.

5.5 Fazit: Die Vielfalt und Zukunft der Datenräume

Datenräume bieten Unternehmen aus verschiedenen Branchen und Sektoren eine einzigartige Möglichkeit, ihre Daten sicher zu teilen und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen. Die Vielfalt der Datenräume, von branchenspezifischen Plattformen wie Catena-X bis hin zu branchenübergreifenden Initiativen wie Gaia-X, zeigt, wie flexibel und anpassungsfähig diese Technologie ist.

Die Zukunft der Datenräume liegt in der weiteren Standardisierung und Interoperabilität, um den Datenaustausch zwischen verschiedenen Sektoren und Ländern zu erleichtern. Unternehmen, die frühzeitig in Datenräume investieren und sich an diesen beteiligen, werden in der Lage sein, das volle Potenzial der Datenwirtschaft zu nutzen und sich in der digitalisierten Welt zu behaupten.

Nächste Woche wird darauf eingegangen, wie Datenräume und digitale Marktplätze zusammenwirken, um den Handel mit Daten zu ermöglichen und zu fördern.

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